Eine Neuevaluierung der Semesterziele, die ich in der ersten Woche in Wien aufgeschrieben habe, spiegelt die Wirklichkeit wider, dass ich im Großen und Ganzen von diesem Semester sehr begeistert wurde, und dass meine Erwartungen von mir, von dem Studium, und von dem außeruniversitären Umfeld erfüllt oder unbedingt überschritten wurde. Die Unzulänglichkeitsgefühle und Ängste, die ich in den ersten Wochen vor meiner Lehrveranstaltungen an der Hauptuniversität gehabt hatte, waren schon während der Midterm-Diskussion kein Thema mehr. In den Bereichen der Sprache und der Freundeskreisbildung habe ich jedoch nach der Diskussion entschieden, dass ich mich intensiver in den kommenden Monaten beschäftigen würde, weil ich wenigere Fortschritt bis dann gemacht hatte, als ich gehofft habe. Und zu dieser Zeitpunkt bin ich mit den Ergebnisse dazu total zufrieden.
Im Raum der Sprache war bei mir in den ersten Wochen der österreichische Dialekt ein wichtiges Thema. Ich habe mich zu dieser Zeit bei Gruppengesprächen im Studentenheim ausgegrenzt gefühlt, weil ich die Beiträge anderer Leute nicht verstehen konnte. Aber im Laufe des Semesters bin ich an den Dialekten und Aussprachen Österreichs gewöhnt worden und kann jetzt fast alles verstehen. Ich habe auch während des Semesters angefangen, einen österreichischen Akzent zu verwenden, was die Leute im Studentenheim stetig lustig finden. Ich erinnere mich, dass bei der ersten Party des Semesters wurde ich angelacht, weil ich solche österreichische Ausdrücke wie Stöpsel und Kuchlkastl überhaupt nicht aussprechen konnte. Genau das Gegenteil ist bei der Weihnachtsfeier im Heim passiert, indem ich angelacht wurde, weil ich österreichische Aussprachen von Wörter wie Zehntel, Woas, und Deitsch unbewusst verwendet habe.
Ein weiteres sprachliches Zeil des Semesters war es, „einen ganzen Tag zu verbringen, in dem ich nur Deutsch rede und auf Deutsch denke.“ Obwohl ich gehofft habe, dass meine Sprachkenntnisse im Laufe des Semesters fortschreiten würden, habe ich überhaupt nicht vorgestellt, dass ich die deutsche Sprache zu so einem extremen Grad in meinen Gedanken benutzen würde, wie es eigentlich geschehen hat. Während der Weihnachtsferien wurde ich von meinem Bruder nach der Bedeutung von „Ach“ gefragt, weil ich diesen Ausdruck auf vielen Fällen verwendet habe, und in manchen Fällen habe ich gefunden, dass ich meine Gedanken besser auf Deutsch erzählt werden können.
Ich wollte auch während des Semesters meine Verständnisse aktueller gesellschaftlicher Themen in Österreich erweitern, damit ich eine innenseitige Perspektiv zu den Denken der Österreicher bekomme würde. Während der Weihnachtsferien wurde meine Fortschritt hinsichtlich dieses Zieles übergeprüft, weil ich vielmals gebeten wurde, „das Denken“ der Österreicher zu bestimmten Themen oder „den österreichischen Lebensstil“ im Allgemein zu erklären. Obwohl diese Fragen oft problematisch gestellt worden sind, habe ich trotzdem gefunden, dass ich im Laufe des Semesters sehr viel über österreichisches Denken zu Themen wie Kollektivität, Migration und Integration, Zeit- und Handlungsorientierung, und die Beziehung zu dem Nationalsozialismus gelernt habe. Und was wichtiger ist, habe ich gelernt, diese Perspektive zwar kritisch aber ohne Beurteilung zu akzeptieren. Mein Opa hat mir zu Weihnachten gefragt, wenn alles in Österreich wirklich so viel besser als in Amerika ist, weil ich stetig den Lebensstil der Österreicher verteidigt habe. Sicher ist das nicht so: z.B. ist mir das österreichische Vertieftsein in Integration und der „Drohung“ einer Parallelgesellschaft mühsam, aber ich verstehe schon, warum die Österreicher so denken und warum solche Meinungen untrennbar mit der allgemeinen kollektiven Einstellung Österreichs sind.
Ein Ziel des Semesters, das ich überhaupt nicht geklappt habe, war es, „alle Stationen der U-Bahn zu besuchen,“ was ich als einen Zugang zu allgemeinem Herumbummeln in der Stadt verstanden habe. Ich bin zu diesem Ziel gekommen, weil ich im Sommer einsam viele Zeit in New York City verbringen musste. Damals bin ich an Wochenenden einfach durch die Stadt zu Fuß oder mit den Öffis gegangen, um zu schauen, wie die Menschen in verschiedenen Teilen der Stadt leben und wie die Stadt sich in verschiedenen Bezirken ändert, woran ich als Soziologin viele Interesse habe. Im Gegensatz dazu habe ich mir nie in Österreich gedacht, dass ich viele Zeit allein verbringen muss, und deswegen ist mir das Herumbummeln unwichtig geworden. Eine Freundin von mir, die ein Auslandssemester in Italien gemacht hat aber gleichzeitig jedes Wochenende irgendwo anders in Europa gereist ist, wurde erstaunt, als ich ihr erzählt habe, dass ich manchmal am Wochenende mein Heim überhaupt nicht verlasst habe. Ich habe aber bewusst so entschieden, weil mein Versuch, in die österreichische Studentenkultur bzw. in das Alltagsleben meines Heimes hineinzupassen, (was mehr Zeit brauchte, als ich zuerst gedacht habe,) mir viel wichtiger als irgendwelche historische oder künstlerische Sehenswürdigkeiten war.
Und so kommt es zu dem Ziel des Semesters, das mir am wichtigsten war: die Bildung eines österreichischen Freundeskreis. Ich kann nicht genau sagen, wann ich mich erst gefühlt habe, dass ich echte österreichische Freunde hatte, aber kurz nach der Midterm-Diskussion habe ich bemerkt, dass ich mich zuhause in Haus Salzburg gefühlt habe. Es gefällt mir sehr, jeden Tag einige Stunden in der Küche oder im Fernsehraum zu verbringen und einfach mit den Leuten meines Stockwerks zu unterhalten, und es gibt sechs oder sieben bestimmte Personen, mit denen ich gut gepasst habe und die ich vermissen werde.
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